„Ich wusste, das erlebe ich nur einmal im Leben. Es gibt nur diese Chance und zwar jetzt.“
LK-Schüler des Antonianum aus Geseke und Salzkotten treffen die Überlebenden des KZ Buchenwald Zeev Borger und David Mandel in Weimar
Stella kann ihre Tränen nicht zurückhalten, als sie ihren im Unterricht verfassten Monolog zum Thema Heimatlosigkeit und Unterwegssein mit fester Stimme vorgetragen hatte. Zeev Borger schaut ihr tief in die Augen und sagt in etwas gebrochenem Deutsch, der Sprache seines Feindes: „Es ist gut, es ist schön, dass sich junge Menschen für mein Schicksal interessieren. Wissen Sie, ich bin befreit worden, aus Buchenwald.“
Fünf Stunden zuvor, als sich der Deutsch LK des Antonianum im sonnendurchfluteten Garten des Goethehauses befand, klingelte das Handy von LK Lehrer Daniel Brink. Julia Treumann von der Gedenkstätte Buchenwald meldet sich, mit Ort und Zeit eines Treffens, an dessen Möglichkeit die Schülerinnen und Schüler und auch ihr Lehrer seit November letzten Jahres gearbeitet hatten. “Alles begann mit einem Bildimpuls zur Flucht und Heimatlosigkeit unter dem abirelevanten lyrischen Themenschwerpunkt Unterwegssein”, so Brink. Die Schülerinnen und Schüler haben sich in eine Perspektive eines auf dem Foto abgebildeten Familienmitgliedes hineinversetzt und aus dieser einen inneren Monolog verfasst. Diese Beiträge stellten den Baustein “Gegen das Vergessen” dar. Auf der anderen Seite verfassten die Schüler ein Parallelgedicht zu Günther Eichs berühmtem lyrischen Beitrag “Inventur”, um den Fokus auf Hoffnung und Zuversicht zu setzen. Vier Beiträge wurden ausgewählt, für den tatsächlichen Fall einer Vortragsmöglichkeit im Rahmen des 79. Jahrestages der Befreiung Buchenwalds. Nun ist es also soweit. Die Nervosität kann man spüren, als der 96-jährige Zeev Borger um 16.38 Uhr im Hotel Herzogin Augusta zum Treffpunkt kam. Es füllte sich der Raum mit einer besonderen Energie.